Stephan Sieh Familienrecht


Kosten und Nutzen gerichtlicher Zugewinnausgleichsverfahren

Hintergrund

Das gerichtliche Verfahren zur Regelung des Zugewinns soll den Beteiligten letztendlich nicht nur volle Klarheit über die Höhe der während der Ehezeit erwirtschafteten Gewinne geben, sondern hat auch den Ausgleich der Ansprüche zum Ziel. Grundlage für diesen Rechtsanspruch bietet das im Familienrecht verankerte Zugewinnausgleichsrecht mit den in dieser Gesetzgebung enthaltenen zahlreichen Modifizierungen aus jüngster Zeit, die sowohl eine neue Sicht als auch neue Möglichkeiten bietet. Die Gesetzgebung erkennt durch die neuesten Änderungen sowohl stärker an, dass zum wirtschaftlichen Erfolg einer Ehe meist beide Ehepartner beitragen. Darüber hinaus findet sich die gesellschaftliche Realität in diesen Gesetzen wieder, die bei der hohen Anzahl von Ehescheidungen den Betroffenen auch die Möglichkeit eines finanziellen Neustarts ermöglichen soll und zieht hierfür nicht nur den Bereich des Unterhalts heran, sondern trägt dem auch im Bereich des Zugewinns Rechnung.


Verfahren

Die Beteiligten können bei der gerichtlichen Regelung des Zugewinns zwei Varianten wählen.

Das gerichtliche Zugewinnausgleichsverfahren in Verbindung mit dem Scheidungsverfahren

Meist wird das gerichtliche Verfahren in Verbindung mit der Scheidung durchgeführt. Hier kommt es darauf an, ob es den Beteiligten wichtig ist, dass mit dem ausgesprochenen Scheidungsbeschluss auch alle anderen Bereiche, also auch der Zugewinn, bereinigt sind. Das eigentliche Scheidungsverfahren verlängert sich um die Zeit, die die Auseinandersetzung um den Zugewinnausgleich in Anspruch nimmt. Die Zeit, die das Verfahren hierdurch länger dauern könnte, reicht, je nach Komplexität und Arbeitsgeschwindigkeit der Gerichte von einigen Monate bis zu mehreren Jahren. Das Gericht steht vor der Aufgabe, die Anträge beider Seiten abzuwägen und den Zugewinn gemäß der gesetzlichen Bestimmungen zu verteilen. Da Gerichte häufig nicht in der Lage sind, die Werthaltigkeit der Vermögensgüter zu bewerten, besonders wenn es sich um Immobilien, Unternehmen oder Unternehmensanteile handelt, um nur einige zu nennen, bezieht das Gericht zur Wertermittlung oftmals eigene externe Gutachter ein.

Das gerichtliche Zugewinnausgleichsverfahren als eigenständiges Verfahren

Der Grund, warum das gerichtliche Zugewinnausgleichsverfahren separat durchgeführt wird, liegt nicht selten am Interesse eines oder beider Eheleute an einer schnellen Scheidung. Besonders bei komplexen Vermögensauseinandersetzungen, die von erheblicher Zeitdauer sein können, macht dieses Vorgehen, besonders aus der Sicht des wirtschaftlich Stärkeren, Sinn. Obwohl dieses Verfahrensgegenstand aus dem eigentlichen Scheidungsverfahren herausfällt und separat geregelt wird, ist dieses Vorgehen gegenüber dem Scheidungsverbundverfahren mit Mehrkosten verbunden. Zwei einzelne Verfahren sind teurer als ein einzelnes Verfahren, obwohl die Summe der Gegenstandswerte gleich hoch ist. Die Kosten sind demnach nicht der Hauptgrund, diesen Verfahrensweg zu beschreiten, sondern die Gründe liegen überwiegend darin, dass sich für eine Seite finanzielle Vorteile aus dem abgetrennten Verfahren ergeben können.


Alternativen

Zu den genannten Verfahrenswegen gibt es sowohl eine gerichtliche als auch eine außergerichtliche Alternative. Die gerichtliche Alternative liegt in einem selbständigen Beweisverfahren zur Wertermittlung, bei dem das Gericht in relativ kurzer Zeit den Wert der Vermögensgüter bestimmt, am häufigsten gestritten wird. Meist geht hier um die Bewertung von Immobilien, Kunstsammlungen, Unternehmen oder Beteiligungen. Das Gericht spricht Recht über die Höhe des Zugewinnausgleichs. Wer mit dem Ausgang nicht zufrieden ist, kann hier kaum eingreifen und muss sein Recht in der nächst höheren Instanz suchen.

Die Regelung des Zugewinnausgleichs ist auch über eine außergerichtliche Vereinbarung möglich, die jedoch die Einigungsbereitschaft der Eheleute voraussetzt. Die Vereinbarung die hier zu schließen ist, heißt Scheidungsfolgenvereinbarung und bietet, bei sorgfältiger Vorbereitung, das gleiche Maß an Rechtssicherheit, wie es ein richterlicher Beschluss im Rahmen eines Prozesses darstellen würde.

Mitunter findet eine außergerichtliche Regelung statt, nachdem den Beteiligten die Ergebnisse den gesonderten Beweisverfahrens vorliegen.


Abwägungen

Die richtige Strategie entscheidet und genauso ist es bei der Wahl des richtigen Prozessweges. Wer die Scheidung in die Länge ziehen will, z.B. um länger Trennungsunterhalt zu bekommen oder sich sonstige Vorteile einem längeren Scheidungsverfahren verspricht, wird eher den Zugewinnausgleich im Rahmen des Scheidungsverfahren durchführen wollen. Wer schnell geschieden werden will, wird versuchen, die Regelung des Zugewinns eher in einem separaten Folgeverfahren vornehmen zu lassen. Die Aussicht auf ein jahrelanges strittiges Verfahren kann dazu führen, dass sich die Einigungsbereitschaft erhöht und Nachlässe bei der Gegenseite leichter durchzusetzen sind. Wer als Ausgleichsberechtigter nicht warten will und auf das separate Bewertungsverfahren setzt, erhält in relativ kurzer Zeit die Auskunft über die Vermögenswerte. Die Ansprüche, die sich hieraus ergeben, müssen dann nur noch durchgesetzt werden muss.


Kosten

Bei der gerichtlichen Auseinandersetzung fallen Kosten sowohl für den Antragsteller als auch für den Antragsgegner an. Die Kosten selbst unterteilen sich in Gerichtskosten und Kosten für den Anwalt. Darüber hinaus können Kosten für gerichtlich bestellte Gutachter auf die Verfahrensbeteiligten umgelegt werden. Die Höhe der Kosten richten sich nach den gesetzlichen Vorgaben aus dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz und dem Gerichtkostengesetz. Diese gesetzlichen Vorschriften regeln jedoch nur die Mindestgebühren, die nicht unterschritten werden dürfen. Viele Anwälte arbeiten jedoch nicht auf der Basis dieser gesetzlichen Vorgaben, sondern schließen bei Vermögensauseinandersetzungen Vereinbarungen oberhalb dieser Rahmenbedingungen ab, die das Verfahren für diese Mandanten zusätzlich verteuern.

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  • Umgangs- und Sorgerecht
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Wichtig: Die Anzahl der Plätze ist begrenzt. Wir bitten um vorherige telefonische Anmeldungen.