Stephan Sieh Familienrecht


Leitsatz

Den Friedhofsträgern steht es im Rahmen ihrer Satzungsautonomie frei, bei der Einräumung von Nutzungsrechten an Gräbern aus Gründen der Praktikabilität, aber auch im Hinblick auf die Totenfürsorge einer "familienrechtlichen" Regelung gegenüber einer erbrechtlichen Regelung den Vorzug zu geben (hier Vergabe des Nutzungsrechts an den Sohn statt dem Enkel der Verstorbenen und zugleich Testamentsvollstrecker).

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand

Die Beteiligten streiten um das Nutzungsrecht an einer Grabstätte.

Der Kläger ist gemeinsam mit seiner Schwester L…T…-R… und seinem Onkel Dr. U…T… Erbe nach der im September 2008 verstorbenen I…F…R…T…, geb. T…. Die Erblasserin setzte im Erbvertrag ihren Sohn zu ½ und ihre beiden Enkel - den Kläger und L…T…-R… - zu ¼ als Erben ein. Gleichzeitig ordnete sie über ihren gesamten Nachlass die Testamentsvollstreckung an und setzte den Kläger als Testamentsvollstrecker ein. Das Amtsgericht Charlottenburg erteilte im November 2008 das Testamentsvollstreckerzeugnis.

Die Verstorbene war seit 1961 Nutzungsberechtigte der auf dem Luisen-Kirchfriedhof II der Beklagten gelegenen Doppelwahlgrabstelle (DAW-0…-T…). Im Oktober 2005 teilte die Friedhofsverwaltung der Evangelischen Luisen-Kirchengemeinde (im Folgenden: Friedhofsverwaltung) der Verstorbenen mit, das Nutzungsrecht an der Grabstelle sei im Februar 2003 abgelaufen; im Falle einer Verlängerung seien die Gebühren ab dem Ablauf der Grabstelle 5 Jahre im Voraus zu entrichten, woraus sich ein Gesamtbetrag von 542 € ergebe. Nachdem die Verstorbene im Oktober 2005 den geforderten Betrag entrichtete hatte, verlängerte die Friedhofsverwaltung das Nutzungsrecht bis Mitte Februar 2008. Im September 2008 gab der Sohn der Verstorbenen deren Bestattung in Auftrag und veranlasste die Zahlung der ihm von der Friedhofsverwaltung mit Gebührenbescheid vom 22. September 2008 als Nutzungsberechtigten der Grabstelle in Rechnung gestellten Grabberechtigungsgebühren von 2.400 €. Mitte Oktober 2008 erfolgte die Beisetzung der Verstorbenen.

Im Mai 2009 beantragte der Kläger bei der Friedhofsverwaltung, die Nutzungsberechtigung für die Grabstelle auf die Erbengemeinschaft zu übertragen und die Übertragung in den Registern der Friedhofsverwaltung zu dokumentieren. Die Friedhofsverwaltung teilte ihm daraufhin mit, das Bestattungsinstitut habe die Beisetzung der Verstorbenen mit einem Bestattungsauftrag des Sohnes der Verstorbenen angemeldet. Nach dem Friedhofsgesetz sei er damit der Nutzungsberechtigte der Grabstelle. Eine Umschreibung des Nutzungsrechts komme deshalb nicht in Betracht. Mit einem hiergegen gerichteten anwaltlichen Schreiben wandte der Kläger ein, die Friedhofsverwaltung müsse das Nutzungsrecht an der Grabstelle nach der Anmeldung der Bestattung auf die Erben umschreiben, wenn sich nachträglich herausstelle, dass das Nutzungsrecht materiell rechtlich einem anderen - hier der Erbengemeinschaft - zustehe. Das Konsistorium der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (im Folgenden: Konsistorium) teilte dem Kläger daraufhin mit, das Schreiben vom 11. Juni 2009 werde als Widerspruch gewertet. Die Nutzungsrechtsvergabe richte sich nach § 11 Abs. 6 des Friedhofsgesetzes, wenn die Verstorbene zum Zeitpunkt ihrer Beisetzung Nutzungsberechtigte gewesen sei. Für den Fall, dass ein Nutzungsrecht zu diesem Zeitpunkt nicht bestanden habe, richte sich die Nutzungsrechtsvergabe nach § 11 Abs. 1 des Friedhofsgesetzes. Danach sei der Person das Nutzungsrecht zu übertragen, die die Bestattung anmeldet. Die nachträgliche Umschreibung des Nutzungsrechts komme in Betracht, wenn einer anderen Person als der anmeldenden die Totenfürsorge zustehe, wobei die Totenfürsorgeberechtigung nicht von der Erbenstellung abhänge. Der Kläger erklärte daraufhin, der Widerspruch werde aufrechterhalten. Die Verstorbene sei zum Zeitpunkt ihres Todes Inhaberin der Grabstelle gewesen. Das Nutzungsrecht an der Grabstelle als öffentlich-rechtliches Sondervermögen habe zu ihrem Vermögen gehört und sei mit dem Tod in den gesamthänderisch gebundenen Nachlass gefallen und auf den Nachlass übergegangen und zwar mit der alleinigen Vertretungsbefugnis des Testamentsvollstreckers. Die Erben seien seit dem Tod der Verstorbenen als Gesamthand Inhaber des Nutzungsrechts an der Grabstelle und damit Antragsberechtigte hinsichtlich der Übertragung des Nutzungsrechts an der Grabstelle auf die Erbengemeinschaft. Gemeinsamer Vertreter der Erben und kraft Gesetzes (§ 2205 BGB) alleiniger Verfügungsbefugter über den Nachlassgegenstand "Nutzungsrecht Grabstelle" sei nach dem Willen der Erblasserin er als von ihr eingesetzter Testamentsvollstrecker. Zwar sei der Friedhofsträger berechtigt die Rechtsnachfolge an einem Nutzungsrecht beim Tode des Nutzungsberechtigten divergierend vom Erbrecht zu regeln. Die Anwendung des Friedhofsrechts dürfe indes nicht zur Folge haben, dass die Nutzungsberechtigung an einer Grabstelle entgegen dem erklärten oder ermittelbaren Willen des Erblassers übertragen werde. Die Regelung in § 11 Abs. 6 des Friedhofsgesetzes und damit die Vergabe des Nutzungsrechts in der dort vorgeschriebenen Reihenfolge sei nur dann anzuwenden, wenn der Nutzungsberechtigte sterbe, ohne einen Nachfolger benannt zu haben. Die Erblasserin habe aber durch die testamentarischen Verfügungen des Erbvertrages die Nachfolge in ihre Vermögenswerte bestimmt. Selbst im Falle einer fehlenden Anordnung der Erblasserin sei aber die Übertragung des Nutzungsrechts auf den Sohn der Verstorbenen rechtsfehlerhaft, vielmehr müsse eine Umschreibung auf die Erbengemeinschaft erfolgen. Der Verweis auf § 11 Abs. 1 des Friedhofsgesetzes gehe fehl, da dort die Vergabe eines Nutzungsrechts an einer Grabstätte geregelt werde. Die Erblasserin sei aber bereits seit 1961 Inhaberin der Grabstelle. Der Kläger ergänzte seine Anträge dahingehend, die Nutzungsberechtigung an der Grabstelle auf den Testamentsvollstrecker umzuschreiben und diese Umschreibung in den Registern der Friedhofsverwaltung zu dokumentieren, höchst hilfsweise, ggf. verbunden mit der Auflage, die Friedhofsverwaltung über die vollzogene Erbauseinandersetzung nach deren Abschluss zu unterrichten und der Friedhofsverwaltung mitzuteilen, auf wen die Nutzungsberechtigung an der Grabstelle nach der Einigung der Erben nach der erfolgten Erbauseinandersetzung übergegangen ist. Das Konsistorium teilte dem Kläger mit, das Nutzungsrecht an einer Grabstätte falle nach herrschender Meinung in Lehre und Rechtsprechung nicht in die Erbmasse, sondern der Übergang des Nutzungsrechts vollziehe sich nach öffentlichem Recht. Da die Verstorbene als Nutzungsberechtigte geführt worden sei, richte sich der Übergang des Nutzungsrechts nach § 11 Abs. 5 und 6 des Friedhofsgesetzes. Die Verstorbene habe keine ausdrückliche Bestimmung über den Übergang des Nutzungsrechts getroffen. Die Übertragung des Nutzungsrechts auf den Sohn der Verstorbenen sei deshalb nach § 11 Abs. 6 des Friedhofsgesetzes zulässig gewesen. Enkel seien bei der Übertragung des Nutzungsrechts gegenüber den Kindern der Verstorbenen nachrangig. Das gelte auch für die Erben. Die Bestellung zum Testamentsvollstrecker rechtfertige keine andere Beurteilung, da es sonst dem Testamentsvollstrecker möglich wäre, ohne Mitwirkung des Friedhofsträgers über das Nutzungsrecht zu verfügen, was wegen des öffentlich-rechtlichen Charakters des Nutzungsrechts ausgeschlossen sein müsse. Die Uneinigkeit der Erben hinsichtlich des Nutzungsrechts an der Grabstätte sei eine Frage der Auseinandersetzung über das Totenfürsorgerecht, die als privatrechtliche Streitigkeiten den Zivilgerichten zur Entscheidung zugewiesen seien. Mit dem Bescheid vom 2. November 2009 lehnte die Friedhofsverwaltung die vom Kläger ergänzend gestellten Anträge ab. Das Konsistorium wies die Widersprüche des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 5. März 2010, dem Kläger zugestellt am 11. März 2010, zurück.

Mit der hiergegen am 12. April 2010 erhobenen Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor: Die Verstorbene sei bis zum Zeitpunkt ihres Todes Nutzungsberechtigte der Grabstelle gewesen. Davon sei der Beklagte selbst ausgegangen, da er die Verstorbene nach Ablauf des Nutzungsrechts weiter als Nutzungsberechtigte geführt habe, obgleich die Nutzungsgebühren nicht bezahlt worden sein. Da er diese Praxis bereits in der Vergangenheit geübt habe, müsse er sich daran festhalten lassen. Das Nutzungsrecht als öffentlich-rechtliches Sondernutzungsrecht habe zum Vermögen der Erblasserin gehört und sei mit ihrem Tode in den Nachlass gefallen. Der Friedhofsträger sei an die Bestimmung des Erblassers hinsichtlich der Nachfolge des Nutzungsrechts in seiner letztwilligen Verfügung gebunden.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 5. Juni 2009 und 2. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. März 2010 zu verpflichten, die Nutzungsberechtigung an der Grabstätte DAW-0…-T… auf ihn als Testamentsvollstrecker zu übertragen,

Hilfsweise mit der Auflage, die Friedhofsverwaltung über die vollzogenen Erbauseinandersetzung nach deren Abschluss zu unterrichten und der Friedhofsverwaltung mitzuteilen, auf wen das Nutzungsrecht an der Grabstätte nach der Einigung der Erben nach der erfolgten Erbauseinandersetzung übergegangen ist.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte und den Verwaltungsvorgang des Beklagten verwiesen, die der Kammer vorgelegen haben und mit Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
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Entscheidungsgründe

Die Klage, von deren Zulässigkeit die Kammer zu Gunsten des Klägers ausgeht, ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide der Friedhofsverwaltung vom 5. Juni 2009 und 2. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Konsistoriums vom 5. März 2010 sind rechtlich nicht zu beanstanden und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten; der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Übertragung des Nutzungsrechts an der Grabstätte DAW-0…-T… auf ihn als Testamentsvollstrecker (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Es kann offen bleiben, ob einem solchen Anspruch bereits entgegensteht, dass das Nutzungsrecht an der Grabstätte bestandskräftig an den Sohn der Verstorbenen vergeben worden ist. Denn selbst wenn zu Gunsten des Klägers unterstellt wird, dass er mit seinem Antrag vom Mai 2009 auf Umschreibung des Nutzungsrechts inzident die zuvor erfolgte Vergabe des Nutzungsrecht an den Sohn der Verstorbenen angefochten hat, hat der Kläger keinen Anspruch auf Übertragung des Nutzungsrechts, weil die Friedhofsverwaltung zu Recht das Nutzungsrecht an den Sohn der Verstorbenen vergeben hat und die Voraussetzungen für eine Übertragung an den Kläger nicht vorliegen.

Grundlage für die im Oktober 2008 erfolgte Vergabe des Nutzungsrechts an den Sohn der Verstorbenen ist § 11 Abs. 1 des Kirchengesetzes der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg über die Friedhöfe vom 7. November 1992 (KABl. S. 202), geändert mit Verordnung vom 24. April 1998 (KABl. S. 35) - Friedhofsgesetz -. Danach wird das Nutzungsrecht an einer Grabstätte nur nach den im Friedhofsgesetz aufgeführten Vorschriften an die Person vergeben, die die Bestattung anmeldet oder in deren Vollmacht sie angemeldet wird. Die Vorschrift regelt danach die erstmalige Vergabe eines Nutzungsrechts, während die Übertragung eines bestehenden Nutzungsrechts nach § 11 Abs. 5 und 6 des Friedhofsgesetzes erfolgt. Die Vorgaben von § 11 Abs. 1 des Friedhofsgesetzes sind erfüllt, insbesondere handelte es sich um eine erstmalige Vergabe des Nutzungsrechts, da das zuvor bestehende Nutzungsrecht der Verstorbenen nach § 14 Abs. 1 Buchstabe a des Friedhofsgesetzes mit Ablauf der Zeit für die es erworben war - also am 13. Februar 2008 - erloschen war (vgl. Gaedke, Handbuch des Friedhofs- u. Bestattungsrechts, 10. Auflage 2010, S. 178 Rdnr. 48).

Dagegen kann der Kläger nicht mit Erfolg einwenden, die Friedhofsverwaltung habe die (später) Verstorbene bis zu ihrem Tode als Nutzungsberechtigte geführt und das Nutzungsrecht schon in der Vergangenheit nach dessen zeitlichen Ablauf verlängert, was das Fortbestehen des Nutzungsrechts auch nach Ablauf der Nutzungsdauer voraussetze. Zunächst versteht sich von selbst, dass sich die Frage, ob ein Nutzungsrecht erloschen ist, nach der objektiven Rechtslage beurteilt und nicht danach, was die zuständige Behörde dafür hält. Die Regelung in § 14 Abs. 1 Buchstabe a des Friedhofsgesetzes ist in dieser Hinsicht eindeutig. Die Register der Friedhofsverwaltung besitzen demgegenüber keine konstitutive Wirkung. Auf die Tatsache, dass die (später) Verstorbene dort auch nach Ablauf des Nutzungsrechts als Nutzungsberechtigte geführt worden ist und die Friedhofsverwaltung sie deshalb im Zeitpunkt ihres Todes für nutzungsberechtigt hielt, kommt es deshalb nicht an.

Keine andere Beurteilung rechtfertigt, dass die Friedhofsverwaltung in der Vergangenheit das bereits abgelaufene Nutzungsrecht an der Grabstätte rückwirkend verlängert hat. Daraus folgt nicht, dass ein Nutzungsrecht auf unbestimmte Zeit fortbesteht. Denn § 13 Abs. 2 Satz 2 des Friedhofsgesetzes sieht ausdrücklich die Möglichkeit vor, dass einem nach Ablauf des Nutzungsrechts gestellten Verlängerungsantrag (nur) entsprochen werden kann, wenn die Verlängerungsgebühr mit Wirkung vom Tage des Ablaufs gezahlt wird (vgl. Gaedke, a.a.O., S. 179 Rdnr. 49). Das war zwar nach Ablauf des Nutzungsrechts am 13. Februar 2003 der Fall, als die (später) Verstorbene am 31. Oktober 2005 die Nutzungsgebühren für den Zeitraum von 5 Jahren ab dem Erlöschen des Nutzungsrechts beglichen hatte, nicht aber nach dem erneuten Erlöschen des Nutzungsrechts am 13. Februar 2008. Der Sohn der Verstorbenen hat die Nutzungsgebühren ausweislich des Gebührenbescheides vom 22. September 2008 (erst) für die Zeit ab dem 12. Oktober 2008 entrichtet, weswegen das Ende des Nutzungsrechts dort auf den 12. Oktober 2028 festgelegt worden ist. Daran ändert nichts, dass der Sohn der Verstorbenen bereits im Bestattungsauftrag vom 22. September 2008 als Nutzungsberechtigter aufgeführt ist. Denn das vom Bestattungsinstitut verwandte Auftragsformular enthält nur vorgefasste Erklärungen, die ohne Prüfung der Rechtslage in allen Bestattungsfällen abgegeben werden, weshalb sich daraus keine Erkenntnisse für die Beantwortung der Frage ergeben, ob ein Nutzungsrecht verlängert oder erstmalig vergeben worden ist.

Schließlich kann sich der Kläger nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Friedhofsverwaltung nach § 14 Abs. 2 Satz 2 des Friedhofsgesetzes verpflichtet ist, das Erlöschen des Nutzungsrechts durch Zeitablauf, sofern keine individuelle Mitteilung erfolgt, sechs Monate vorher durch Aushang am Friedhofseingang mit dem Hinweis bekanntzumachen, dass die Berechtigten die Grabmäler und sonstigen Grabausstattungsgegenstände bis zum Ablauf der Frist abholen können, was im Falle der Verstorbenen allem Anschein nach nicht erfolgt ist. Denn dabei handelt es sich um keine Voraussetzung für das Erlöschen des Nutzungsrechts. Vielmehr knüpft § 14 Abs. 2 Satz 3 des Friedhofsgesetzes an einen solchen Aushang allein die Ermächtigung der Friedhofsverwaltung, die Grabausstattungsgegenstände zu entfernen und darüber zu verfügen.

Die in § 11 Abs. 1 Satz 1 des Friedhofsgesetzes getroffene Regelung ist entgegen der Auffassung des Klägers inhaltlich nicht zu beanstanden, insbesondere kollidiert sie nicht mit Erbrecht. Das Nutzungsrecht an einer Grabstätte fällt nicht in die Erbmasse, vielmehr vollzieht sich die Übertragung eines Nutzungsrechtes wegen des engen Zusammenhanges zwischen dem Nutzungsrecht und der öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht nach öffentlichem Recht. Es muss deshalb grundsätzlich möglich sein, das Nutzungsrecht auf die Person zu übertragen, dem die Bestattungspflicht obliegt. Für die Bestattung sind aber nicht die Erben, sondern im Rahmen ihrer Totenfürsorgepflicht die Familienangehörigen verantwortlich, was seinen Niederschlag in den öffentlich-rechtlichen Vorschriften des Bestattungsgesetzes gefunden hat. Den Friedhofsträgern steht es deshalb im Rahmen ihrer Satzungsautonomie frei, bei der Einräumung von Nutzungsrechten an Gräbern aus Gründen der Praktikabilität, aber auch im Hinblick auf die Totenfürsorge, einer "familienrechtlichen" Regelung gegenüber einer erbrechtlichen Regelung den Vorzug zu geben (vgl. Gaedke, a.a.O., S. 180 Rdnr. 55 ff.; Müller-Hannemann, Lexikon Friedhofs- und Bestattungsrecht, S. 280, 288 ff.).

Selbst wenn aber zu Gunsten des Klägers unterstellt wird, das Nutzungsrecht der Verstorbenen an der Grabstätte sei zum Zeitpunkt ihres Todes nicht erloschen gewesen, hätte der Kläger keinen Anspruch auf die begehrte Übertragung des Nutzungsrechts. Entgegen seiner Auffassung wäre § 11 Abs. 5 des Friedhofsgesetzes - hiernach kann der Erwerber das Nutzungsrecht mit Zustimmung des Friedhofsträgers übertragen und für den Fall seines Ablebens einen Nachfolger bestimmen (Satz 1); alle Angehörigen sind an diese Entscheidung des Nutzungsberechtigten gebunden, wenn der Bestimmte mit der Nachfolge einverstanden ist (Satz 2) - nicht einschlägig. Denn die Verstorbene hätte ein Nutzungsrecht an der Grabstätte nicht übertragen. Der notarielle Erbvertrag vom 3. Dezember 2007 enthält keine Bestimmung zur Übertragung des Nutzungsrechts an der Grabstätte auf einen Nachfolger für den Fall ihres Ablebens. Da das öffentlich-rechtliche Nutzungsrecht an einer Grabstätte nach dem Ableben des Nutzungsberechtigten nicht in die Erbmasse fällt (s.o.), berühren die im Erbvertrag getroffenen erbrechtlichen Regelungen den Übergang des Nutzungsrechtes nicht. Die Bestimmungen im Erbvertrag zur Erbeinsetzung, zu den Erbteilen und die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers bieten auch keine hinreichende Grundlage für die Feststellung, die Erblasserin habe mit dem Erbvertrag nicht nur über ihr Vermögen, sondern zugleich über die Nachfolge in das Nutzungsrecht an der Grabstätte bestimmen wollen. Rechtsgrundlage für die begehrte Übertragung des Nutzungsrechts an der Grabstätte wäre danach für den Fall, dass das Nutzungsrecht der Verstorbenen an der Grabstätte zum Zeitpunkt ihres Todes nicht erloschen war, § 11 Abs. 6 des Friedhofsgesetzes. Danach ruht das Nutzungsrecht, wenn der Nutzungsberechtigte stirbt, ohne einen Nachfolger benannt zu haben, oder wenn der Bestimmte die Nachfolge ablehnt. In diesen Fällen wird das Nutzungsrecht für den Rest seiner Laufzeit auf Antrag in nachstehender Reihenfolge auf die Angehörigen des verstorbenen Nutzungsberechtigten übertragen:

a) den Ehegatten oder diejenige Person, mit der der bisherige Nutzungsberechtigte mindestens die letzten 12 Monate vor seinem Tode in eheähnlicher Gemeinschaft gelebt hat

b) die Kinder

c) die Eltern

d) die Stiefkinder

e) die Geschwister

f) die Enkel

g) die nicht unter a) bis f) fallenden Erben

Danach wäre die Übertragung des Nutzungsrechts auf den Sohn der Verstorbenen als einzigem Kind nicht zu beanstanden gewesen (§ 11 Abs. 6 Satz 2 Buchstabe b des Friedhofsgesetzes). Damit korrespondiert zudem, dass der Sohn der Verstorbenen nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über das Leichen- und Bestattungswesen vom 2. November 1973 (GVBl. S. 1830), zuletzt geändert mit Gesetz vom 19. Mai 2004 (GVBl. S. 215), "erstrangig" bestattungspflichtig war und ihm als dem nächsten Angehörigen der Verstorbenen das Totenfürsorgerecht zustehen dürfte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs.1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO, 708 Nr.11, 711 ZPO.


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